WeChat soll auf die schwarze Liste des USTR
Die Anonymität der Verkäufer erschwere die Verfolgung
Dem in China enorm beliebten Messaging-Dienst WeChat droht, auf der neuen Notorious Markets-Liste des US-Handelsbeauftragten (USTR) aufgeführt zu werden. Dieser Schritt wird aktuell von mehreren amerikanischen Marken- und IP-Verbänden gefordert, darunter die Intellectual Property Owners Association (IPO). Sie wirft WeChat vor, dass Fälscherringe „jeden Aspekt ihrer illegalen Geschäfte auf der Plattform abwickeln können, einschließlich des Direktmarketings an Verbraucher und des Verkaufs von Fälschungen über die ‚Warenkorb‘-Funktion von WeChat.“
Obwohl man WeChat vor allem als Messaging- und Social Media-Anbieter kennt, ist der Onlinehandel bereits lange fester Bestandteil der Plattform. Besonders problematisch ist dabei, dass Händler auf WeChat weitgehend anonym bleiben und daher gegebenenfalls nur schwer zur Rechenschaft gezogen werden können. Kritisiert wird zudem, dass WeChat nur unzureichend gegen den Handel mit Fälschungen vorgeht. Laut IPO wird lediglich ein geringer Teil der Fälle überhaupt geahndet; Händler-Profile werden oft nur vorübergehend deaktiviert und eine Neuanmeldung wird kaum behindert – so bräuchten Fälscher beispielsweise nicht einmal eine alternative Handynummer, um ein neues Profil anzulegen.
Tencent weist die Vorwürfe zurück
Tencent, der Betreiber von WeChat, weist die Vorwürfe zurück. „Wir überwachen, verhindern und reagieren aktiv auf Verstöße auf unseren Plattformen und setzen ein robustes Maßnahmenpaket ein, das Information, Durchsetzung und enge Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden, Strafverfolgungsbehörden und anderen Interessengruppen beinhaltet“, so ein Sprecher.
Tencent verweist auch auf seine Markenschutz-Plattform und Anti-Piraterie-Bemühungen. Laut eines Tencent-Berichts aus dem Jahr 2018 hatten sich damals bereits 186 Rechteinhaber auf der Plattform registriert. Im Rahmen des Programms seien damals auch mehr als 126.000 Hinweisen eingereicht und gegen 72.000 Accounts vorgegangen worden.
Die IPO ist nicht der einzige Verband, der WeChat kritisiert. Die American Apparel & Footwear Association (AAFA) beispielsweise wirft WeChat ebenfalls vor, nicht ernsthaft gegen den Handel mit Produktfälschungen vorzugehen: „Tencent behauptet, proaktiv zu sein, wenn es um geistiges Eigentum geht, teilt aber keine markenspezifischen Details mit, die mit proaktiven Ansprüchen in Verbindung stehen. Ein weiteres Problem ist die mangelnde Transparenz und ein [fehlender] tatsächlicher Informationsaustausch“, so die AAFA.
Der Handel mit gefälschten Waren über Soziale Plattformen ist kein neues Problem. Vor dem Hintergrund der verschärften Anti-Piraterie-Maßnahmen auf Online-Marktplätzen haben Fälscher vor Jahren damit begonnen, Messenger-Dienste wie WhatsApp (wir berichteten) und andere Soziale Plattformen für ihre Geschäfte auszunutzen. Eine Studie aus dem Frühjahr 2019 stellte etwa fest, dass die Anzahl der Instagram-Accounts, die gefälschte Markenware bewerben, seit 2016 sprunghaft angestiegen ist.
Quellen
AAFA, IPO, World Trademark Review
Artikel in Kooperation mit dem Anti-Piracy Analyst, Ausgabe Oktober 2019