Die unsichtbare Bedrohung: Warum Unternehmen Fälschungen bekämpfen müssen
Fälschungen von Marken und Produkten kennt heutzutage jeder. Auch dass die durch Plagiate und illegale Nachahmungen verursachten Schäden für Unternehmen enorm sind, ist oft im Bewusstsein von Wirtschaftsvertretern und Verbrauchern angekommen. Häufig übersehen werden allerdings noch die massiven negativen Auswirkungen für Mensch, Umwelt und Gesellschaft. Doch genau das macht den Kampf gegen die illegalen Machenschaften der Piraten zu einem zentralen Thema für die Corporate Social Responsibility (CSR) in der Wirtschaft. Und das auch tatsächlich in allen Dimensionen: von der ökonomischen und gesetzlichen bis hin zur ethischen und philanthropischen Verantwortung.
Ökonomische Verantwortung
Fälschungsschutz bedeutet Wirtschaftsschutz
Unternehmen tragen ökonomische Verantwortung. Ein Beitrag, der systematisch von Fälschern unterminiert wird. Allein bei europäischen Unternehmen werden die Umsatzverluste durch Plagiate auf rund 83 Milliarden Euro geschätzt – und das Jahr für Jahr. Entsprechend massiv sind die Steuereinbußen – und diese Mittel fehlen letztlich dem Gemeinwesen. Zudem gehen geschätzt circa 671.000 Arbeitsplätze verloren.1 Spätestens das kommt direkt bei vielen einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft an.
Gesetzliche Verantwortung
Piraterie-Abwehr bekämpft illegale Machenschaften
Unternehmen haben gesetzliche Verantwortung. Und auch eine gesellschaftliche Vorbildfunktion. Deshalb sollten effektiver Markenschutz und die Abwehr von Fälschungen und Plagiaten eigentlich oftmals selbstverständlich sein – sind diese doch illegal und können mannigfach gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen. Von missachteten gesetzlichen Standards für Arbeitsplätze, Produktion und Vertrieb bis hin zu vernachlässigten Umweltschutz- und Sicherheitsanforderungen. Fälschungen und Plagiate können so auch den einzelnen Verbraucher greifbaren Gefahren aussetzen, beispielsweise wenn ein nachgemachtes Ladegerät in den eigenen vier Wänden explodiert.2 Und wer beschäftigt sich schon damit, dass die gefälschte Sonnenbrille, Handtasche oder Luxusuhr aus dem Urlaub in Verbindung stehen könnte mit anderen, schwerwiegenden Straftaten wie Drogenhandel, illegalem Waffenbesitz oder etwa Menschenhandel.3 Der illegale Sumpf erstreckt sich sogar teils bis hin in organisierte und international agierende Terrornetzwerke.4
Ethische Verantwortung
Anti-Piraterie stoppt unethisches Handeln
Unternehmen haben ethische Verantwortung. So ist es wenig verwunderlich, dass Markenschutz bzw. Brand Protection oft auch ein Vorgehen gegen konkrete Menschenrechtsverstöße bedeuten kann. So konnten Behörden beispielsweise im Jahr 2020 in Spanien – also mitten in Europa – zahlreiche Arbeiter befreien, die in einer Untergrundfabrik festgehalten wurden und unter unzumutbaren Bedingungen Plagiate produzieren mussten.5 Doch auch weniger extreme Fälle schlechter Arbeitsbedingungen können verhindert werden: Etwa falls Arbeiter zwar nicht gewaltsam festgehalten werden, jedoch Gefahren durch fehlende Sicherheitsstandards und mangelnden Arbeitsschutz ausgesetzt sind. Das kann teilweise sogar bis hin zu Lebensgefahr und Tod gehen, wie etwa ein verheerender Brand einer illegalen Produktionsstätte in Spanien zeigt.6
Philanthropische Verantwortung
Nein zu Fälschungen entwickelt gesellschaftlichen Konsens
Unternehmen gehen voran. Nicht nur als technische oder wirtschaftliche, sondern oft auch als menschliche, nachhaltige oder sogar humanitäre Innovationstreiber. Dazu zählt heutzutage substanziell auch das konsequente Vorgehen gegen Produktpiraterie und Markenpiraterie. Aktionen etwa gegen gefälschte Medikamente oder nachgemachte Autoteile haben gezeigt, wie ganz konkret Menschenleben geschützt werden können; etwa wenn Arzneimittel mit schädlichen oder unwirksamen Inhaltsstoffen aus dem Verkehr gezogen werden können. So schätzt die Weltgesundheitsorganisation, dass jährlich mehr als eine viertel Million Kinder durch gefälschte Medikamente sterben – allein an Lungenentzündung und Malaria.7,8 Potenziell verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt konnten beispielsweise auch durch erfolgreiche, spektakuläre Aktionen gegen den Handel mit illegalen Pestiziden verhindert werden, die verbotene und teils toxische Substanzen enthielten – und mit denen etwa allein 2020 eine Fläche größer als die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland hätte behandelt werden können.9
Zusammenfassend lässt sich sagen: Markenschutz und der Kampf gegen Fälschungen sind für Unternehmen kein Selbstzweck. Sondern essenzieller Teil aller verschiedenen Dimensionen einer zukunftsfähigen Corporate Social Responsibility. Das gilt es einzulösen. Und das gilt es auch aktiv zu kommunizieren und zu thematisieren – damit wichtige Stakeholder ein Bewusstsein für die Risiken von Plagiaten entwickeln, von den Mitarbeitern über Konsumenten bis hin zur breiten Öffentlichkeit.
"Produktfälschungen schaden nicht nur den betroffenen Unternehmen selbst, sondern sind auch eine Gefahr für Gesundheit und Leben ihrer Kunden. Zudem verursachen sie einen enormen wirtschaftlichen Schaden, stehen häufig in Verbindung mit organisierter Kriminalität und sind damit ein Angriff auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Jedes Unternehmen trägt die Verantwortung, seine Marken gegen Missbrauch zu schützen."
Dr. Tobias Kresse | Managing Director
Quellen
1 EUIPO, Status Report on IPR infringement, 2020
2 Macwelt, Apple has one million fake products deleted on Facebook and Instagram, 2021
3 EUIPO/Europol, IP Crime and its link to other serious crimes, 2020 4 UNIFAB, Counterfeiting & Terrorism, 2016
5 EUIPO/EUROPOL, IP Crime and its link to other serious crimes, 2020
6 Guardia Civil, La Guardia Civil desmantela una organización delictiva dedicada a la falsificación y contrabando de tabaco, 2019
7 OECD, Trade in Counterfeit Pharmaceutical Products, 2020
8 Automotive Anti-Counterfeiting Counsel, The Online Sale of Counterfeit Automotive Parts, 2020
9 Europol, A record number of 1 346 tonnes of illegal pesticides taken off the market in 2020 global operation Silver Axe, 2020