Pharmaindustrie: Schützen die neuen Richtlinien vor Fälschungen?
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Gesetzgebung versucht, Medikamentenfälschungen zurückzudrängen
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Die Pharmaindustrie ist akut von Fälschungen, Graumarkthandel und Diebstahl betroffen. Die Gefahren sind gravierend, denn minderwertige Medikamentenfälschungen gefährden direkt die Gesundheit von Patienten. Neben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnen auch Organisationen wie das Pharmaceutical Security Institute (PSI) vor den Gefahren gefälschter Medikamente. Nach Angaben des PSI ist die Anzahl an Vorfällen bezüglich Fälschungen, Graumarkthandel und Diebstahl in der Pharmaindustrie seit 2011 um 50% gestiegen.
EU und USA entwickeln Richtlinien zum Schutz vor gefälschten Medikamenten
Angesichts dieser Entwicklung haben die EU (Falsified Medicines Directive; 2016/161/EU) und USA (Drug Supply Chain Security; DSCSA) rechtliche Vorgaben aufgesetzt, die in der EU bis 2019 und in den USA bis 2021 von Pharma-Herstellern umgesetzt werden müssen. Allerdings sind nicht alle Maßnahmen der Direktiven klar vorgegeben.
Wie sicher sind die Maßnahmen der EU und USA?
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Gedruckte Kennzeichnungen alleine bieten keinen Schutz
Allerdings sind die oben beschriebenen Kennzeichnungen alleine dafür nicht geeignet, denn es handelt sich um gedruckte Markierungen. Fälscher können sie einfach kopieren und vervielfältigen. Genau das ist in der Türkei passiert. 2007 startete die Türkei als eines der ersten Länder ein nationales Serialisierungsprojekt für die Pharma-Industrie. Das Kennzeichnungs-konzept basiert auf gedruckten Codes. Bereits kurz nach Einführung der Markierungsstandards tauchten zahlreiche Kopien auf, wie die türkische Zeitung Zaman Gündem 2011 berichtete. Jegliche Schutzfunktion ist damit hinfällig. Tatsächlich setzt sogar eine gegenteilige Wirkung ein: Gefälschte Präparate erscheinen durch solche kopierte Markierungen als bedenkenlos.
Fälschungssicher werden die Kennzeichnungen erst, wenn sie zusätzlich mit physischen Sicherheitsmerkmalen, wie einem stück-individuellen Sicherheitsetikett, abgesichert werden. Diese sind nicht einfach reproduzierbar und weisen Originalpräparate zuverlässig aus.
Die Fälschungsschutzrichtlinien der EU und USA für die Pharmaindustrie sind ein Schritt in die richtige Richtung und können als Grundlage dienen. Geht es aber um die effektive Umsetzung der Maßnahmen, sind die Pharma-Hersteller selbst gefordert.
Interessante Links zum Thema
EU Direktive zum Fälschungsschutz in der Pharmaindustrie (2016/161/EU)
USA Direktive zum Fälschungsschutz in der Pharmaindustrie (DSCSA)
Mehr zum Serialisierungsprojekt der Türkei für die Pharma-Industrie
Securing Industry "Pharma most counterfeited category online, says report"